Nicolas Neubauer und Daniel Demuth sind die Gründer von ivoflow. Kennengelernt haben die beiden sich vor rund 10 Jahren bei ihrem ehemaligen Arbeitgeber in der Automobilzuliefererindustrie, wo sie im strategischen Einkauf tätig waren. Frustriert von den komplexen Anforderungen an den Einkauf auf der einen und dem Mangel an einer hilfreichen, digitalen Lösung auf der anderen Seite, fassten sie den Entschluss, sich der Sache selbst anzunehmen – und gründeten ivoflow. Gemeinsam mit einem Team aus Softwareentwicklern und im regen Austausch mit anderen Einkaufsexperten entstand binnen weniger Monate der erste Prototyp der Software. Heute ist ivoflow bei namhaften Industrieunternehmen im Einsatz, darunter Jaguar Land Rover, Dräxlmaier, BOMAG und TROX. Über die Herausforderungen und Erfolge der ersten Jahre sowie Rückmeldungen vom Markt erzählen Daniel und Nick im Interview.
Was war die größte Herausforderung in Ihrer Zeit als Einkäufer? Daniel: Für einen datengetriebenen Menschen wie mich war es unheimlich schwierig, den Überblick über die Vielzahl an Daten zu behalten. Wer das Marktgeschehen mitverfolgen wollte, musste stets die Fühler ausgestreckt halten und über Vormaterialpreise, Wechselkurse und Risiken wie Insolvenzen informiert sein. Einkäufer müssen Unmengen an Daten verarbeiten, ohne dabei die Kontrolle zu verlieren.
Was war die größte Herausforderung in der Gründungsphase von ivoflow? Nick: Glaubwürdig zu sein und das Vertrauen des Marktes zu gewinnen. Einige Unternehmen stehen jungen Start-Ups oft skeptisch gegenüber. Mit den ersten Aufträgen und Referenzen weckten wir dann nach und nach das Interesse des Marktes.
Wie wird ivoflow mittlerweile vom Markt angenommen? Nick: Wir erhalten durchweg sehr positives Feedback vom Markt. Trotz der aktuellen wirtschaftlichen Lage investieren die Unternehmen in digitale Lösungen wie ivoflow. Unsere Kunden schätzen an unser vor allem die Bereitschaft zur Co-Creation. Wir bieten kein Produkt von der Stange, sondern customizen die Software entsprechend den individuellen Kundenbedarfen. Die Zufriedenheit unserer Kunden zeigt sich auch darin, dass diese oft ungefragt als eine Art „Markenbotschafter“ agieren und Empfehlungen an andere Unternehmen aussprechen. Das ist eine Wertschätzung der anderen Art.
Daniel: Das Schöne ist, dass wir ein Tool entwickelt haben, das unseren Kunden einen einzigartigen Mehrwert bietet, den es so noch nicht gab. Innovativ, flexibel, kundennah – dieses Feedback hören wir oft und freuen uns darüber natürlich sehr. Auch die Tatsache, dass wir aus der Branche kommen und für den Einkauf brennen, überzeugt die Kunden. Wir sind Einkäufer vom Fach und wollen nicht bloß eine Software verkaufen.
"ivoflow ist eine Software von Einkäufern für Einkäufer." Wie Sie schon sagen, Sie sind Einkäufer vom Fach. Inwieweit kommt Ihnen das noch zugute? Nick: Grade am Anfang war unser beruflicher Background ein extremer Vorteil. Ohne das Branchenwissen und die Glaubwürdigkeit hätten wir es wesentlich schwerer gehabt. Die Unternehmen, mit denen wir sprechen, sind froh, dass wir nicht nur 0 und 1 kennen, sondern das Handwerkszeug eines Einkäufers verstehen. Das merken wir in jedem Kundengespräch, wenn wir zeigen, dass wir eine Plattform von Einkäufern für Einkäufer entwickelt haben.
Auf welche Vorbehalte stoßen Sie im Rahmen solcher Kundengespräche ? Nick: Es ist ein Potpourri an Vorbehalten. Die aktuelle wirtschaftliche Situation, eingefrorene Budgets, interne Freigabeprozesse – all das kommt zur Sprache. Oft nehmen sich die Unternehmen die digitale Transformation selbst zur Brust, stellen dedizierte IT- und Digitalisierungsteams dazu ab und entwickeln inhouse eine Lösung. Davon sind wir keine Befürworter und raten unseren Kunden davon ab. Zum einen, weil eine Inhouse-Lösung schnell zum Bottleneck werden kann. Es gibt in der Regel nur einen oder wenige Mitarbeiter, die als Keyuser bestellt werden. Wandern diese Mitarbeiter ab, hat das Unternehmen ein Problem. Zum anderen fixieren sich diese internen Lösungen lediglich auf das sehr individuelle Problem des jeweiligen Unternehmens und sind nicht am Puls der Zeit. Wir hingegen haben den Druck vom Markt, auf sämtliche Trends und Entwicklungen zu reagieren, um wettbewerbsfähig zu bleiben.
„Eine Software muss die Probleme von morgen lösen – nicht nur die von heute.“ Wie begegnen Sie diesen Vorbehalten? Nick: Aufklärungsarbeit ist das Stichwort. Wir packen unsere Kunden nicht in Watte, sondern liefern die oben genannten Argumente. „Ihr löst vielleicht die Probleme von heute, aber nicht die von morgen.“ Unser Tool wird von der Industrie getrieben, mit all ihren Pain Points und Challenges, deren Lösungen auf kurz oder lang in unsere Software einfließen müssen. Das verstehen unsere Kunden in der Regel recht schnell.
Stichwort: ROI. Eine Software muss sich schließlich rechnen. Wie sieht diese Rechnung bei ivoflow-Kunden aus? Nick: Wir sind kein Fan von sogenannten Soft Savings, wie beispielsweise eingesparte Ressourcen im Reporting oder gesteigerte Effizienz. Wir zeigen unseren Kunden stattdessen harte Savings auf. Wenn ein Unternehmen dank unserer Software heute 1€ und morgen nur noch 70 Cent für ein Zukaufteil bezahlt, erklärt sich der ROI von selbst.
Wie oft kommt es vor, dass Kunden sich individuelle Lösungen wünschen? Wie gehen Sie damit um? Nick: Wir bleiben stets ganz nah am Markt, hören uns die Herausforderungen unserer Kunden an und schauen, dass wir die entsprechenden Lösungen und Funktionen ins Core Product mitaufnehmen – und dabei immer noch skalieren können.
Daniel: Da wir eine konkrete Nische bedienen, erfüllt unsere Software in der Regel den Großteil der Kundenwünsche und es bedarf wenig Anpassungen. Dennoch setzen wir Konfigurationen gerne um. Immerhin haben wir den Anspruch, den Kunden eine maßgeschneiderte Lösung zu liefern.
Wie unterstützen Sie Ihre Kunden bei der nachhaltigen Beschaffung? Daniel: Wir haben ein CO2-Tool aufgebaut, das derselben Logik wie unsere anderen Lösungen folgt: Es berechnet die CO2-Emission nach dem Bottom-Up-Prinzip. Dadurch können wir die CO2-Emissionen auf Teilenummern-, Lieferanten- und Werksebene detailliert abbilden und entsprechend aggregieren. Ähnlich wie bei den Spend-Analytics-Funktionen liefert unser Tool auch hier Handlungsempfehlungen, wie der CO2-Fußabdruck optimieren werden kann.
Wie spürbar ist bei Ihnen der Fachkräftemangel? Wie ist es Ihnen gelungen, ein Team aufzustellen und ein attraktiver Arbeitgeber zu sein? Daniel: Auch für uns ist das kein einfaches, aber ein lösbares Thema. Wir suchen Charaktere, die unser Unternehmen aktiv mitgestalten wollen, denen der eigene Impact auf das Produkt und die Firma wichtig ist. Mit der Philosophie, die uns am Herzen liegt, gehen wir auch im Rahmen des Recruiting offen um. Gleichzeitig vermeiden wir unnötige „Politics“, legen Wert auf eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe und einen ehrlichen Austausch.
Wo geht die ivoflow-Reise in den nächsten Jahren hin? Nick: Trotz angespannter Märkte blicken wir sehr positiv in die Zukunft. Nicht zuletzt aufgrund unserer derzeitigen Auftragslage, mit der wir sehr zufrieden sind. Unser Team wächst und wächst und wir haben viele neue Ideen in der Pipeline. Jetzt ist es wichtig, die Kunden langfristig zu halten und glücklich zu machen, ein gutes Team an Mitarbeitern und Experten aufzubauen sowie die Trends am Markt zu beobachten aber auch zu adressieren.